Minderheiten. Geschichte & Kultur am Besispiel der Sinti und Roma.
Studien der René Descartes Universität in Paris zufolge, besuchen jugendliche Roma kaum Regelschulen. Der persönliche Kontakt ist die Ausnahme. Trotzdem führt fast jeder auf Unkenntnis beruhende Vorurteile mit. Eine schulische Auseinandersetzung hat es daher mit einer Ausgangssituationen zu tun, an der exemplarisch die fremdenfeindlichen Mechanismen einer Gesellschaft vermittelt werden können, die auch ohne die Anwesenheit einer Minderheit von Mehrheiten funktional für fragwürdige Identitätsbildungen operationalisert wird. Satres Aperçu vom Antisemitismus auch ohne Juden gilt in diesem Sinne generell für gesellschaftliche Randgruppen.
"Zigeuner", diese diskriminative Bezeichnung der Mehrheiten für das ursprünglich aus dem nördlichen Indien stammende, seit 600 Jahren in Deutschland urkundlich erwähnte und ebenso lang auch zwangsnomadisierte oder zuletzt zwangsweise "versesshaftete" - immer aber bevormundete- , verfolgte und hunderttausendfach gemordete Volk, überschreibt nachhaltig Denkgewohnheiten und Haltung. "Manusch", bzw. die weibliche Form "Manuschni" bedeutet im Romanes "Mensch". "Rom" ist dahingegen der "Gatte", "Mann", auch "Zigeuner". Um eine "politisch korrekte" Sprachregelung wird immer wieder übreifrig gestritten; entscheidend ist der eindeutig nicht herabsetzende Wortgebrauch.
Kulturstaatsministerin Christiane Weiss leistete sich im Zusammenhang mit der Mahnmalsdebatte für die gemordeten Sinti und Roma Anfang 2005 die peinlich besserwisserische und rüde Peinlichkeit, die Sinti und Roma auf dem ihnen zugedachten Mahnmal mit "Zigeuner" ansprechen zu wollen. Oder eben gar nicht, wenn dagegen protestiert werde. Romani Roses Hinweis auf die Undenkbarkeit des Wortes "Nigger" auf dem Grab Martin Luther King wurde nicht geachtet. Selbst die sonst differenzierter nachdenkende TAZ empfahl in einem leichtsinnig dümmlichen Beitrag ("Zigeuner können von den Schwulen lernen" TAZ 1.3.05) die Einebnung aller begründeten Vorbehalte.
Deren Aufbruch gelingt dann nachhaltig, wenn die eigene Verstrickung in die Aufrechterhaltung und Weitergabe von Denkklischees erkannt wird.