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Volker von Törne

 

Halsüberkopf: Arkadische Tage

Sonettenkranz, allegro molto

 

Halsüberkopf: Arkadische Tage

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Gib mir die Hand, damit ich fühle 
Des Sommers Ende ist noch weit 
Setz dich zu mir: wir haben Zeit 
Vom Meer her wehen Salz und Kühle

Der Mond blitzt auf: ein krummer Säbel
Im zitternden Olivenzweig
Und des Südens Süße steigt
Uns aus dem Weinkrug in die Schädel

Zünd an ein Licht: die Fledermaus 
Zeichnet flatternd um das Haus 
Der Berge Schattenriß

Heb deinen Kopf: du sollst nicht trauern 
Ich schreibe an des Nachtwinds Mauern 
Daß ich dich liebe, ist gewiß

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Daß ich dich liebe, ist gewiß 
Ich ruf, weil ich in Worten wohne 
Ein aus der Haut gefahrener Teutone 
Den Gott, der einst die Flöte blies

Beim Bockshorn Pans: ich heiß nicht Ikarus 
Mich tragen nicht der Hybris Flügel 
Und für Arkadiens helle Hügel 
Mach ich mir Beine: geh zu Fuß

Wo unterm ölbaum Bauern hocken 
Die sich den Ziegenkäse brocken 
Zu Brot und Wein in das Gebiß

Umblökt von ihrer Ziegen Herde 
Bin ich eins mit Licht und Erde 
Weinlaubumrankt: ein Dionys

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Weinlaubumrankt: ein Dionys 
Will ich mit Wünschen nicht mehr geizen 
Schon wächst mir aus der Hand der Weizen 
Und aus der Zunge sprudelts süß

Nie wieder will ich im Gedicht 
Mit Preußens sauren Gurken handeln 
Mein Wort soll Stein in Brot verwandeln 
Und Mitternacht in Mittagslicht

Heb deinen Kopf: sieh die Raketen 
Die schon von Schiffen unter Dampf 
Auf unsre Augen, unsre Zähne zielen

Schon spielt der Tod mit uns in heißen Drähten 
Daß ich uns Hoffnung aus dem Boden stampf 
Will ich die Stirn an deiner kühlen4

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Will ich die Stirn an deiner kühlen 
Und meinen Mund an deinem stehn 
Bis Meer und Himmel mich durchwehn 
Auf deines Atems Flügeln

Schon ist die Erde aufgebrochen 
Des Hades Tiefen finster qualmend 
Ein Räderwerk zu Staub zermalmend 
Des Tantalos verfluchte Knochen

Ich aber lebe, weil ich euch
Ihr Götter, mein verkauftes Fleisch
Aus euren Zähnen reiße

Im Licht, das meine Schulter kaut 
Wächst mir eine neue Haut 
Und ich will Pelops heißen


Und ich will Pelops heißen
Des Tantalos den Göttern schon 
Zum Fräße vorgeworfner Sohn 
Will ich die Erde preisen

Fell Schuppen Haut Gefieder 
Die Erde, die mich wiederhat 
Jeden Baum und jedes Blatt 
Schaff ich in Worten wieder

Ein neues Lied, ein neues Meer 
Und einen Himmel schaff ich her 
In den ich Wind und Sonne schreib

Um Gräten Knochen und Gestein 
Bau ich der Erde einen Leib 
Der Steine Zunge will ich sein

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Der Steine Zunge will ich sein 
Im Staub noch unter Hufen 
Der Panzerherden rufen 
Mein echoloses Nein

Nacht, die ich von Gräbern wälz 
Das Schweigen auszuloten 
Im stummen Mund der Toten 
Bewege ich der Sprache Fels

Welten, fern im Funkenflug 
Atlas, der den Himmel trug 
Die Sterne stürzen ein

Dir, die mich aus dem Dunkel ruft 
Ich form dir einen Leib aus Luft 
Dem Feuer hauch ich Atem ein

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Dem Feuer hauch ich Atem ein 
In Himmel, die verrauchen 
Will ich untertauchen 
Mit Baum und Fisch und Stein

Im brückenlosen Raum 
Will ich noch einmal fliegen 
Wie leicht die Worte wiegen 
O Stein O Fisch O Baum

Wie schwer wiegt unser Schweigen 
Wenn die Wasser steigen 
Die schwarz und bitter sind

Wer wird schon Noah heißen
Wenn diese Flut verrinnt?
Komm, es ist Zeit, das Haus zu weißen!

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Komm, es ist Zeit, das Haus zu weißen 
Die Erde, in der Wurzeln schlug 
Der Ölzweig, den die Taube trug 
Ins Mittagslicht zu reißen

So will ich Kalk und Wasser mischen
Ich rühre Gips und Salz hinein 
Österlich den alten Stein 
Mit neuem Weiß zu frischen

Des Himmels Bläue macht uns satt 
Fünf Finger hat das Feigenblatt 
Öffne deinen Mund dem Wind

Du, die mich sprechen lehrte
Ich seh dich an und weiß: wir sind
Ins Offne Heimgekehrte


Ins Offne Heimgekehrte
Baucis du, ich Philemon
Noch bewegt, doch wurzelnd schon
Im Geweb der Erde

Du die Linde, ich die Eiche 
Aus des Himmels Feuer ziehn 
Unsre Blätter lichtes Grün 
Durch das Schwalben streichen

Ich die Eiche, du die Linde 
Weiches Holz in rauher Rinde 
Welch ergreifendes Idyll!

Wer mag da von Äxten unken? 
So verzweigen wir uns still 
Von Licht und Wasser trunken

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Von Licht und Wasser trunken 
Bin ich auf den Grund 
Deines Mundes und 
Deines Schlafs gesunken

Daß Liebe mich entwaffne 
Apoll im Lorbeerstrauch 
Lös ich mich auf in Rauch 
In deinen Armen, Daphne

Ich war ich bin ich werde 
Vom Wort bewegte Erde 
In die du Atem hauchst

Wirf Asche in die Winde 
Daß ich dich wiederfinde 
Wo blau der Himmel braust


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Wo blau der Himmel braust 
In eines Mittags Größe 
Durchwehn die Atemstöße 
Des Meerwinds unser Haus

Gehüllt in schwarzes Tuch 
Die alten Fraun am Brunnen 
Um die Hornissen summen 
Was kümmert uns ihr Fluch!

Wir sehn das Muli gehn 
Das gleiche Schöpf rad drehn 
Auf immer gleicher Fährte

Daß ihm ein Gott einst Kränze flicht! 
Wir liegen im Olivenlicht 
Als ob uns nichts beschwerte

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Als ob uns nichts beschwerte 
Kein Fließband uns Gebrüll 
Ins Ohr und Qualm und Müll 
Ins Blut der Lungen leerte.

Als wären nicht die Nächte 
Die dir und mir gehörn 
Auf Planquadraten fern 
Im Ziel der Bombenschächte

Ich will mich zu dir legen 
Rot reift das Pfefferkraut 
Die Hände und die Zungen

Soll uns der Wind bewegen 
Und die Reibung Haut an Haut 
Schlägt uns noch einmal Funken

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Schlägt uns noch einmal Funken 
Des Himmels heller Zorn 
Des Meerwinds Widderhorn 
Stößt tief in unsre Lungen

Wenn ich Odysseus hieße 
Und du Nausikaa 
Gab es kein Ithaka 
Für das ich dich verließe

Die Schiffe sollen brennen 
Abreiß ich die Antennen 
Und lösch die Bilder aus

Die Schatten, die wir werfen
Soll uns noch einmal schärfen 
Des Sommers Sonnenfaust

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Des Sommers Sonnenfaust 
Wirft uns als Wind und Welle 
Auf den Grund der Quelle 
Die in der Muschel rauscht

Was bleibt in dieser Luft? 
Kein Abdruck unsrer Knochen 
Wir sind dem Nichts versprochen 
Das unsre Namen ruft

Mag sein: wir sind begraben 
Lebendig schon, verlorn 
Korn in der Knochenmühle

Heb deinen Kopf: wir haben 
Nichts mehr als unsern Zorn 
Gib mir die Hand, damit ich fühle

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Gib mir die Hand, damit ich fühle 
Daß ich dich liebe, ist gewiß 
Weinlaubumrankt: ein Dionys 
Will ich die Stirn an deiner kühlen

Und ich will Pelops heißen
Der Steine Zunge will ich sein 
Dem Feuer hauch ich Atem ein 
Komm, es ist Zeit, das Haus zu weißen

Ins Offne Heimgekehrte 
Von Licht und Wasser trunken 
Wo blau der Himmel braust

Als ob uns nichts beschwerte 
Schlägt uns noch einmal Funken 
Des Sommers Sonnenfaust